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Pas de deux imaginaire

Gattungen
Orchester
pour orchestre à cordes avec douze violons et onze instruments graves

Jahr
1999
Dauer
14'
Besetzung

Streicher: 6.6.5.4.2

Beschreibung

Einführung von Roland Moser zur Uraufführung 1999

Ich mochte nie ein Solokonzert schreiben, weil mir die Ausgangssituation «Einer und die
Übrigen» nicht behagt. Im Pas de deux imaginaire bin ich dem Problem gleichsam
paradoxal begegnet: Zwei Kollektive gehen miteinander um. Das erste, zwölf Geigen,
spricht mit einer Stimme, agiert als ein Körper, spielt also fast immer unisono die
«Solostimme». Das zweite Kollektiv besteht aus fünf Bratschen, vier Celli und zwei
Bässen, fast durchwegs Einzelstimmen, die sich zum «orchestralen Corpus» fügen. Das
Ganze wird so zu einem kleinen «Concert à rebours», einem Konzert gegen den Strich,
das die Form einer Tanzszene angenommen hat. Über den Inhalt dieses Pas de deux soll
nichts mitgeteilt werden. Wer beim Hören Bilder mag, wird sie in der Imagination selbst
erzeugen.
Aus Freude darüber, dass diese Musik bei ihrem ersten Erklingen von zwei Werken
Schoecks umgeben sein wird, habe ich in der Mitte als Hommage ein kleines Zitat aus
dem zweiten Satz des zweiten Quartetts eingewoben. Da mein Vater ein glühender
Schoeck-Verehrer war, bin ich mit dieser Musik aufgewachsen. Die legendäre Liederplatte
von 1959 mit Fischer-Dieskau und Margrit Weber wurde seinerzeit stark abgewetzt und
veranlasste sogar, dass ich mich als Sechzehnjähriger komponierend im Schoeck-Ton zu
üben versucht habe...
Vordergründig ist in meiner heutigen Musik davon vielleicht nicht so viel übriggeblieben, aber es gibt bei Schoeck manchmal eine Art von Umgang mit musikalischen Gedanken, die mir auch als Komponist immer noch nahegeht. Im zweiten Satz seines Quartetts, das er kurz nach seiner berühmten Elegie komponiert hatte, schreibt Schoeck eine lange Melodie, ausgehend von einer sehr einfachen Folge von sechs Tönen, diese gleichsam sich selbst überlassend ohne allzuviel «arbeitend» einzugreifen. So etwas durfte in der «deutschen Musik» nach Schubert kaum mehr sein. Es st ein Wagnis, weil es haarscharf an die Grenze zur Banalität führt.
An dieser Grenze bewege ich mich seit langem, mit Bedacht. Dass es dabei nicht ohne «Arbeit» abgeht, selbst für die Hörenden, sei offen eingestanden. Aber vielleicht muss sie – selbst bei Schoeck – sein, damit es auch zu dem kommen kann, über das so schwer zu schreiben ist.

Audio

Aufnahme: Radio DRS2, gesendet: 8. Juni 2000

Uraufführung
Zürich, 13. April 2000 Musikpodium ZH
Besetzung der Uraufführung

Zürcher Kammerorchester, Leitung: Howard Griffiths

Verlag
Gravis
ISMN
ISMN M-2057-0719-4 und ISMN M-2057-1677-6 (Leihmaterial)
SUISA
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